Next Best Action

23. November 2017

Wie man Nutzer aus Sackgassen führt

Vor kurzem versuchte meine zweijährige Tochter mir ein Eis zu verkaufen und das Gespräch mit ihr verlief in etwa so:

Tochter: Papa, Eis kaufen?
Papa: Ja, da hätte ich jetzt wirklich Lust drauf. Welche Sorten hast du denn?
Tochter: Schokolade. Haben?
Papa: Hast du Erdbeere?
Tochter: Nein. Schokolade haben?
Papa: Eigentlich mag ich Erdbeere lieber.
Tochter: Nein, Schokolade. Hier!
Papa: Hm, okay, ja. Danke …Tochter: Papa, mehr?

Traditionelles Marketing funktioniert ähnlich: produktorientiert. Es wird versucht, ein bestimmtes Produkt, zu einem bestimmten Zeitpunkt, einer bestimmten Zielgruppe anzubieten.

Möglicherweise mag der Nutzer zwar Eis. Ist Erdbeere allerdings ausverkauft und ein Kaufabschluss unwahrscheinlich, ist es nicht sinnvoll, weiter auf Schokolade zu beharren. Langfristig leidet darunter die persönliche Bindung des Nutzers zum Eisverkäufer und im schlimmsten Fall kommt er nicht wieder.

Definition

Um das zu verhindern, wird im modernen Marketing der Nutzer in den Mittelpunkt gestellt und eine Methode dieses nutzerorientierten Marketings ist die NBA, die Next Best Action. Durch Analyse von Verhaltensdaten wird in einem Dialog mit dem Nutzer versucht, ihm produktübergreifend genau das anzubieten, was in diesem Moment für ihn und das Unternehmen am sinnvollsten ist.

Ein Eisverkäufer könnte mich zum Beispiel fragen, ob eine andere Sorte in Frage käme, mir frische Erdbeeren oder Erdbeersauce anbieten oder mich darüber informieren, wann Erdbeere wieder verfügbar ist.

Die NBA ist also keine reine Verkaufsstrategie, sondern dient der Nutzerbindung. Statt eines Monologs wird ein Dialog zwischen Unternehmen und Nutzer angestrebt, um eine nachhaltige Beziehung zwischen beiden aufbauen zu können. Das ist schon deshalb sinnvoll, weil je nach Branche die Kosten der Neukundenakquise die Kosten der Kundenbindung um ein vielfaches übersteigen können.

Die nächstbeste Aktion kann vieles sein, etwa die Eingabe weiterer Daten um bessere Angebote zu erhalten, der Hinweis auf ergänzende Informationen und Produkte oder der Vorschlag einer ganz anderen Lösung. Während eine Aktion Informationen sammelt und eine andere die Aktivität steigert, zielen alle darauf ab, langfristig und produktübergreifend Mehrwert für den Nutzer zu bieten.

Welche dieser Aktionen in dieser Situation, die richtige ist, wird durch Analyse der Nutzerdaten entschieden. Daten, die über das Verhalten gesammelt wurden, können mit Daten, die im Dialog gesammelt wurden, angereichert und verifiziert werden, um zukünftig noch passendere Vorschläge machen zu können.

Aufgrund der großen Menge an Verhaltensdaten bietet sich eine Adaption der NBA für digitale Produkte besonders an.

Voraussetzung

Damit eine NBA auch wirklich die nächstbeste Aktion ist, sollte man über folgende Informationen verfügen:

1 Bedürfnisse, Ziele, Interessen und Vorlieben
Weshalb ist der Nutzer hier, welcher Job soll für ihn erledigt werden? Grundlage für eine gute NBA sind die grundsätzlichen Bedürfnisse, Ziele, Interessen und Vorlieben des Nutzers. Da sich diese im Laufe der Zeit ändern können, ist eine ständige Überprüfung notwendig.

2 Verhalten
Verhaltensdaten geben Aufschluss darüber, auf welche Art und Weise und zu welchem Zweck mit dem Nutzer kommuniziert werden sollte. Sie zeigen welche Features in der Vergangenheit genutzt und welche NBAs, erfolglos oder erfolgreich, angeboten wurden. Jede Interaktion mit der Plattform trägt so zum Verständnis des Nutzers bei und das gewonnene Wissen kann die Relevanz der angebotenen NBA steigern. Darüber hinaus können Daten Hinweise darauf geben, zu welcher Zeit und auf welchem Kanal der Nutzer erreicht werden kann.

3 Aktion
Zum einen muss produktübergreifend entschieden werden, welche Aktion jetzt die richtige wäre. Handelt es sich um einen Hinweis oder ist eine Entscheidung nötig, hält sie den Nutzer im Produkt oder leitet sie ihn weg? Und zum anderen müssen Regeln definiert werden, wann diese angeboten wird. Schon bei der ersten Möglichkeit der Darstellung oder erst beim dritten Mal, um sicherzustellen, dass die Annahme stimmt?

4 Art und Weise
Vom Einblenden eines einfachen Hinweises, über die Abfrage von Informationen bis hin zum mehrstufigen Dialog: abhängig von der Art der Aktion gibt es unterschiedliche Möglichkeiten zu Darstellung, Verhalten und Positionierung einer NBA. Zusätzlich sollte auch Inhalt und Tonalität des Dialogs definiert werden.

5 Dauer
Für den Fall, das der Nutzer die nächstbeste Aktion nicht annimmt, sollten Regeln definiert werden. Wann und für wie lange wird eine NBA nicht mehr angezeigt und wird sie durch eine andere ersetzt?

Zusammenfassung

Bei der Nutzung digitaler Produkte kommt es immer wieder vor, das es für den Nutzer an einer bestimmten Stelle nicht mehr weiter geht und genau dort kann ihm mit der Next Best Action eine Alternative angeboten werden.

Wenn zum Beispiel ein Produkt das Nutzerproblem nicht beheben kann, so hat die nächstbeste Aktion das Ziel, es auf andere Art und Weise oder zu einem späteren Zeitpunkt zu lösen. Wurde jedoch der Job, für den er gekommen ist, erledigt, dann hat die nächstbeste Aktion das Ziel, relevante Produkte vorzuschlagen. Eine Next Best Action verhindert, das sich der Nutzer alleine gelassen fühlt und bietet ihm passende Lösungen an, statt ihn selbst danach suchen zu lassen. Sie stellen so einen Gegenentwurf zu anderen, weniger nutzerorientierten, Navigationen dar.

Für Unternehmen wiederum ist die Next Best Action eine Methode, den Nutzer anhand gesammelter Verhaltensdaten besser verstehen und führen zu können. Dadurch können ihm bessere Problemlösungen oder auch weitere relevante Produkte angeboten werden und unterstützt so die langfristige Bindung des Kunden an das Unternehmen.

Durch die Next Best Action wird eine nachhaltige Beziehung zwischen Nutzer und Unternehmen aufgebaut, in welcher der Nutzer im Mittelpunkt steht, ohne jedoch die Unternehmensbedürfnisse zu vernachlässigen.

Artikel ursprünglich auf Medium veröffentlicht. Lesen

Responsive Tab-Navigation

10. November 2016

Wie ersetzt man Tabs auf kleinen Bildschirmen?

Eines der meistgenutzten Pattern bei XING ist eine simple Tab-Navigation, von verschiedenen Produkten plattformweit genutzt. Sie kann mehrmals und beliebig auf einer Seite platziert werden, mit sehr vielen oder auch nur einigen wenigen Einträgen. Sie eignet sich für verschiedene Wortlängen in verschiedenen Sprachen und soll jetzt auch responsiv funktionieren.

In diesem Artikel gehe ich auf Alternativen ein und beschreibe unsere Lösung.

Recherche

Es gibt viele Möglichkeiten eine Tab-Navigation mobil zu ersetzen. Dropdowns, Accordions und Swipebars sind die häufigsten. Hier ein kurzer Überblick.

Dropdown
Bei einer bestimmten Breite wird die Tab Navigation durch ein Dropdown ersetzt. Ab diesem Zeitpunkt sind alle Navigationseinträge versteckt und ein User muss mit dem Dropdown interagieren um zu sehen, welche Einträge es noch gibt.

Da Dropdowns eigentlich andere Aufgaben erfüllen, werden sie nicht unbedingt als Navigationselement erkannt. Abhilfe kann hier ein gutes, aktivierendes Label, z.B. „Mehr“, „Menü“ oder „Navigation“, schaffen.

Dropdowns haben noch einige andere Probleme und wer fuckdropdowns.com bisher noch nicht gesehen hat, sollte das nachholen.

Accordion
Die einzelnen Tabs werden hier in verschiedene, vertikal angeordnete Abschnitte aufgelöst. Diese Abschnitte können standardmäßig auf- oder zugeklappt sein, mit jeweils verschiedenen Vor- und Nachteilen.

Wenn alle Abschnitte von Anfang an aufgeklappt sind, können lange, unübersichtliche Seiten mit langen Ladezeiten die Folge sein.

Sind alle Abschnitte zugeklappt, bekommt man einen guten Überblick über die Navigationseinträge. Gleichzeitig ist jedoch ein zusätzlicher Klick erforderlich, um zu echtem Inhalt zu kommen.

Der Inhalt der Abschnitte kann entweder vor- oder nachgeladen werden, was, je nach Größe der Inhalte, in Verzögerungen bei Interaktion oder langes Warten schon bei Seitenaufruf resultieren kann.

Swipebar
Sobald ein Tab nicht mehr vollständig dargestellt werden kann, wird die gesamte Tab-Navigation auf Touch-Screens wisch- oder mit der Maus ziehbar. Dieses Pattern wird hauptsächlich auf Android verwendet und ist nicht jedem Desktop-User bekannt.

Je nach Breite, wird eventuell nicht klar, dass noch weitere Navigationseinträge vorhanden sind. Ein Verlauf kann dabei helfen, das Problem zu lösen. Trotzdem muss man ggf. sehr viel interagieren, um zu sehen, welche weiteren Navigationseinträge noch vorhanden sind.

Lösung

Jedes der oben genannten Pattern hat Nachteile. Obwohl manche davon behoben werden können, gingen wir einen anderen Weg und entschieden uns für eine Mischung aus diesen Pattern: Collapsible Tabs.

Collapsible Tabs
Sobald ein Tab nicht mehr dargestellt werden kann, wird der Navigationseintrag in ein Dropdown-Menü verschoben. Alle anderen bleiben unverändert stehen. Je weniger Platz vorhanden ist, desto mehr Einträge werden im Menü platziert. Je mehr Platz man hat, desto mehr Einträge kehren auch wieder in die Tab-Navigation zurück. Und zwar sobald der jeweilige Navigationseintrag wieder dargestellt werden kann.

So wird das zusätzliche Dropdown nur dargestellt, wenn es auch wirklich gebraucht wird. Besteht eine Navigation aus nur wenigen kurzen Einträgen, tritt dieser Fall vielleicht nicht mal auf kleinen Bildschirmen auf. Zusätzlich kann auf die Definition eines festen break-points, an welchem die komplette Navigation ersetzt wird, verzichtet werden. Die Anpassung passiert automatisch, inhaltsbasiert und auflösungsunabhängig.

Es können so viele Navigationseinträge wie nötig abgebildet werden und gleichzeitig besteht die Möglichkeit, bei wenigen Einträgen, auf ein Dropdown-Menü komplett zu verzichten.

Dadurch, das mindestens ein Tab weiterhin außerhalb des Menüs bestehen bleibt, ist es leichter zu verstehen, das es sich hier um ein Navigationselement handelt.

Es bestehen einige Gemeinsamkeiten mit den Tab-Bars auf mobilen Geräten. Werden mehr Einträge benötigt als auf den Bildschirm passen, findet man auch hier häufig einen Mehr-Tab.

Zusätzlich steht genug Platz zur Verfügung um auch lange Einträge darstellen zu können, sogar Mehrzeiler sind möglich.

Fazit

Auch Collapsible Tabs haben Schwächen, trotzdem lösen sie eines unserer dringendsten Probleme: die Sichtbarkeit von so vielen Navigationspunkten wie möglich, bei gleichzeitiger Flexibilität in Bezug auf unsere anderen Anforderungen.

Artikel ursprünglich auf Medium veröffentlicht. Lesen